Susan die Optimistin
Die Krankheitssymptome kamen spät, aber heftig: Stark wachsende Neurofibrome hatten bei Susan viele Operationen und eine Armamputation zur Folge. Das stellte ihre gesamte Lebensplanung auf den Kopf. Die Freude am Leben hat es ihr aber nicht genommen.
Hätte man noch etwas am Krankheitsverlauf ändern können, wenn die Neurofibromatose früher ernster genommen und behandelt worden wäre? Für Susan ist das eine theoretische Frage, die für sie keine Rolle mehr spielt. Gestern war gestern, sie lebt im Heute und versucht so positiv wie möglich durchs Leben zu gehen. Dabei hat die Krankheit ihr das wirklich nicht leicht gemacht.
Neurofibromatose ist in Susans Familie kein Thema, keiner hat sie, keiner kennt sie. Der Kinderarzt, der 1970 die braunen Hautverfärbungen des damals 12-jährigen Mädchens untersuchte und diese wohl schon als Folge von NF erkannte, macht sich keine Sorgen. „Er verordnete weder eine Behandlung noch eine Beobachtung möglicher Krankheitssymptome wie z.B. Café-au-lait-Flecken, weil der Sache keine große Bedeutung zugemessen wurde", erinnert sie sich. Aus diesem Grund blieb wohl auch ungeklärt, ob die Unsportlichkeit und leichte Entwicklungsverzögerung des Mädchens einen besonderen Hintergrund haben könnte.
Angebliche Phantomschmerzen haben bösartig gewordene Tumorbildung als Ursache
Susan geht es ansonsten gut. Sie schafft das Abitur, absolviert eine Lehre als Bankkauffrau und beginnt anschließend ein Soziologiestudium. 1985, kurz vor dem Diplom, treten im rechten Arm Schmerzen auf, die nicht verschwinden wollen. Der erste Neurologe, bei dem die Studentin deswegen vorstellig wird, hält sie für eingebildete Phantomschmerzen. Ein anderer Facharzt untersucht offenbar gründlicher und ist besser informiert: Er vermutet Neurofibromatose vom Typ 1 als Ursache und hat sogar einen Flyer der Neurofibromatose-Ambulanz am Hamburger Universitätsklinikum parat.
Susan folgt seinem Rat, sich dort vorzustellen und erhält eine Bestätigung der Diagnose. Ebenso erfährt sie, dass das Wachstum bösartig gewordener plexiformer Neurofibrome für die Armschmerzen verantwortlich ist. Sie muss das Studium abbrechen und wird in den folgenden Jahren ständig operiert – ohne nachhaltigen Erfolg. 1989 fällt deswegen die Entscheidung zur Amputation eines Armes. „Das war hart für mich, zumal ich Rechtshänderin war", sagt Susan. „Dazu kam die psychische Belastung aus sechs Wochen Wartezeit im Krankenhaus, weil sich die Ärzte nicht auf die richtige Behandlung einigen konnten."

