Die Eltern reagieren richtig und akzeptieren die Erkrankung
Wie bei vielen Betroffenen gibt es keine bekannten NF-Fälle in der Familie, der Verdacht ist eine Überraschung und Herausforderung. Die Eltern blieben gefasst, begannen umgehend sich über NF zu informieren und vereinbarten einen Untersuchungstermin in der NF-Ambulanz. Dort wurde die Verdachtsdiagnose des Kinderarztes bestätigt. Gleichzeitig erhielt die Familie umfassende Informationen und Beratungsangebote durch den Bundesverband Neurofibromatose. „Meine Eltern haben toll reagiert“, sagt Jonathan. „Natürlich waren sie besorgt, aber sie haben die Erkrankung schnell akzeptiert und die richtige Einstellung dazu gefunden.“
Das äußerte sich insbesondere in dem Beschluss, das Kind nicht „in Watte zu packen“, sondern es ganz normal zu fördern und zu fordern. Das war für Jonathan manchmal recht hart. Insbesondere die Sache mit dem Korsett machte ihm zu schaffen. Es entwickelte sich eine Wirbelsäulenverkrümmung (Skoliose), so dass er als Jugendlicher zwei Jahre lang ein Korsett tragen musste – Tag und Nacht. „Heute bin ich meinen Eltern dankbar dafür, dass sie so streng über das Tragen des Korsetts gewacht haben“, meint Jonathan. „Denn die Alternative wäre eine operative Wirbelsäulenversteifung, die das Wachstum der Wirbelsäule beeinträchtigt hätte – das wollte ich nun wirklich nicht.“ Er schaffte es sogar, diese Belastung mit Humor zu nehmen und seine Freunde und Mitschüler scherzhaft mit „stahlharten Bauchmuskeln“ zu beeindrucken.
Mit etwas Selbstbewusstsein ist vieles möglich
Ebenso souverän geht Jonathan mit der Tatsache um, dass er NF-bedingt eine Lese- und Rechtschreibschwäche hat. Er hat sich offiziell als Legastheniker anerkennen lassen und erhielt in der Schule einen Nachteilsausgleich, um sein Handicap zu kompensieren. Diesen Schritt empfiehlt er Betroffenen: „So weiß die Schule, woran sie ist und kann sich darauf einstellen; und man selbst kann viel besser sein Lernpensum bewältigen.“ Er selbst schaffte unter diesen Umständen den Realschulabschluss und konnte anschließend ein Unternehmen davon überzeugen, ihn zum Behälter- und Apparatebauer auszubilden.
Jonathan geht es gut. Er hat einen qualifizierten Beruf, einen Freundeskreis und eine Freundin. Mit Kraftsport, Joggen oder Radfahren hält er sich fit. Seine Erkrankung ist ein fester Bestandteil seines Lebens und hat seine Persönlichkeit mitgeprägt. Mehr Bedeutung misst er ihr eigentlich nicht zu: „Für mich persönlich ist NF eine Krankheit wie andere. Man muss sich dafür nicht schämen und man sollte sich nicht dahinter verstecken. Ich bin immer offen damit umgegangen und habe weitgehend positive Erfahrungen damit gemacht.“
Und er hat festgestellt, dass mit NF mehr möglich ist als man denkt – man muss sich nur trauen, es zu versuchen. Dabei ist ihm bewusst, dass er seinen Eltern viel zu verdanken hat. Sie haben sich informiert und engagiert, ihn unterstützt, gefordert und dafür auch mal konsequent durchgegriffen. Das geschah jedoch immer im Glauben an seine Fähigkeiten. So wurde aus dem Kind ein selbstbewusster, lebensbejahender junger Mann, der vielleicht noch sein Abitur nachmachen und studieren will. Jonathan hat noch viel vor.