Legius-Syndrom
Allgemeine Informationen zum Legius-Syndrom
Das Legius Syndrom (LGSS) ist eine nach dem belgischen Humangenetiker Eric Legius benannte seltene Form der neurokutanen Syndrome. Das Besondere am LGSS ist, dass es nicht nur mit der Neurofibromatose Typ 1 (NF1) verwechselt werden kann, sondern dass beim LGSS tatsächlich auch die diagnostischen Kriterien einer NF1 erfüllt sein können ohne, dass diese vorliegt.
Merkmale des Legius-Syndroms
Wie auch bei einer NF1 kommt es beim LGSS typischerweise auch zum Auftreten multipler Café-au-lait Flecken mit oder auch ohne das gleichzeitige Auftreten von Freckling (Sommersprossenzeichnung in Achselhöhle und/ oder Leiste).
Das LGSS ist ca. 20-mal seltener als NF1 (1:60.000 vs. 1:3000), was die Unterscheidung nochmal erschwert. Gelegentlich kann es im Rahmen eines LGSS auch zu Lernstörungen und Entwicklungsverzögerung führen, seltener werden auch Lipome im Erwachsenenalter beschrieben.
Problematik einer Differentialdiagnose
Früher war der Name Neurofibromatosis-type-1-like-syndrome (NFLS), also NF1-ähnliches Syndrom gebräuchlich. Dieser wird jedoch nicht dem Umstand gerecht, dass es nie zur Ausbildung von Neurofibromen, Lisch-Knötchen oder anderen NF1-assoziierten Manifestationen kommt.
Epidemiologische Studien legen nahe, dass ca. 1% aller sporadischen und bis zu 19% aller familiären Fälle, in denen sich ausschließlich Hautmerkmale einer NF1 zeigen (Café-au-lait Flecken, Freckling), ein LGSS vorliegt.
Mit dem Vorliegen von Café-au-lait Flecken und Freckling sind die diagnostischen Kriterien einer NF1 erfüllt, was für 50% aller Patient:innen mit LGSS zutrifft.
Da die Ausbildung der NF1-assoziierten Manifestationen altersabhängig ist (so bilden sich Neurofibrome meist erst in der Pubertät oder später), ist insbesondere bei Kindern die Abgrenzung von LGSS und NF1 schwierig.
Andererseits ist aber auch ein LGSS bei Auftreten von ausschließlich Café-au-lait Flecken und Freckling ohne sichtbare Neurofibrome auch bei Erwachsenen keineswegs sicher, da zunächst interne Tumoren ausgeschlossen werden müssen oder es sich gar um eine Mosaik-NF1 handelt, bei der nur ein Teil aller Körperzellen die NF1-Mutation trägt.
Molekulargenetische Untersuchung
Bei einer klärenden Differentialdiagnose kann eine molekulargenetische Untersuchung helfen. Beim LGSS findet man Mutationen im SPRED1-Gen und nicht im NF1-Gen. 2021 haben Eric Legius (der Namensgeber) und Kollegen neue diagnostische Kriterien für die NF1 und auch für das LGSS vorgeschlagen; nachzulesen in unserer Mitgliederzeitschrift, NFaktuell Nr. 117 (Juni 2021).
Dabei ist wichtig zu betonen, dass die Diagnose eines LGSS bei einem Patienten mit Café-au-lait Flecken und Freckling nur dann erfolgen kann, wenn entweder bereits ein Elternteil des Betroffenen die Diagnose LGSS erhalten hat oder aber die Mutation im SPRED1-Gen nachgewiesen wird.
Weitere NF-ähnliche Syndrome
Neben dem Legius-Syndrom gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Syndrome, deren Abgrenzung insbesondere im Kindesalter schwierig ist.
Dazu zählen die sogenannten RASopathien (Noonan-syndrom, Costello-syndrom, CFC) sowie McCune-Albright-Syndrom, Carney-Komplex, Proteus-syndrom und CMMRD-Syndrom.
Auch andere Phakomatosen wie NF2, Schwannomatose, von-Hippel-Lindau, tuberöse Sklerose und Sturge-Weber-Krabbe können einzelne Merkmale einer NF1 aufweisen und mitunter zu diagnostischen Schwierigkeiten führen.
Auch in diesen Fällen kann die Genetik weiterhelfen und entscheidende und vor allem frühe Hinweise liefern. Das ist auch ein Grund, warum immer häufiger sogenannte Gen-Panels (mehrere Gene die zu einer Gruppe von Erkrankungen gehören) durchgeführt werden oder aber neben Blut auch andere Materialien (Tumor, Haut) untersucht werden. Auch dann bleibt ein sehr kleiner Teil der Fälle ungeklärt und muss in Folge engmaschig kontrolliert werden.